Über Hornspalten und deren Behandlung kursieren die abenteuerlichsten Ansichten. Insbesondere im Internet findet man neben lobenswerten Behandlungsansätzen leider auch sehr mittelalterlich anmutende Vorgehensweisen mit den abenteuerlichsten Beschlägen.
Die Lehrbücher der Tiermedizin und des Hufbeschlagwesens sind mehrheitlich auf dem Stand der 1980er Jahre oder davor. Dabei gibt es mittlerweile hervorragende neuere wissenschaftlich fundierte Untersuchungen und Erkenntnisse zu diesen Themen.
Auch die Werkstoffe im Bereich Hufbeschlag haben sich modernisiert. Kunststoffe, Klebstoffe, Fasern und Faserverbundwerkstoffen haben seit ca. 10 bis 15 Jahren im Beschlagswesen Einzug gehalten. Sie bieten wesentlich elegantere Behandlungsmöglichkeiten bei Hufproblemen als früher die Lochplatten, Schrauben und Klemmen aus Stahl.
Ausgewählte Polymer-Werkstoffe kommen im Kraft-Dehnungsverhalten dem des Hufhornes sehr nahe.
So kann man Horndefekte wie z.B. hohle Wände oder Spalten so rekonstruieren, dass der Huf wieder die Eigenschaften eines gesunden Hufes bekommt und dann auch wieder so nachwächst. Dem Huf wird praktisch vorgegaukelt, er wäre gesund. Die Natur richtet sich dann danach. Eisenplatten und Schrauben am Huf halten aufgrund der extrem unterschiedlichen Materialeigenschaften nicht sehr lange. Weiterhin können die Pferde mit solchen „Prothesen“ kaum belastet werden.
Dies soll aber keinesfalls bedeuten, dass früher alles falsch gemacht wurde, sondern dass es nichts Besseres gab.
Die heutigen Behandlungsmöglichkeiten sollen als Ergänzung zur guten Hufbearbeitung gesehen werden und dem Schmied, Hufpfleger oder dem behandelnden Tierarzt die Arbeit erleichtern und dem Pferd die Rekonvaleszenzzeit verkürzen. Sehr viele Hufbearbeiter haben diese Chancen auch bereits erkannt.
Was ist ein Hornspalt beim Pferd?
Hornspalten sind vertikale Trennungen im Bereich der Hornwand in Längsrichtung, also parallel der Hornröhrchen, vom Kronrand in Richtung Tragerand verlaufend. Oberflächliche Hornspalten verlaufen in der Glasurschicht und nur an der Außenfläche der Röhrchenschicht (Windrisse). Weiterhin unterscheidet man nach Lage und Tiefe. Ein tiefer Riss vom Kronrand zum Tragerand ist dann der durchdringende-durchlaufende Hornspalt. Einen quer verlaufenden Horndefekt nennt man Hornkluft. Diese stellen normalerweise kein größeres Problem dar.
Oft reichen die Spalten bis an das Saumband, der Wachstumszone der Hornwand. Wird dieses dabei verletzt, können diese Spalten auch immer wieder bluten. Aber, keine Panik, auch diese Spalten sind in den allermeisten Fällen behandelbar. In den allerwenigsten Fällen ist das Saumband tatsächlich stark verletzt. Dies tritt eigentlich nur bei Trittverletzungen oder dem Greifen mit Eisen oder Stollen auf.
Echte Hornspalten sind immer behandlungswürdig, da sie eine Instabilität der Hornkapsel bedeuten und somit zu Formveränderungen des Hufes führen. Pferde mit Hornspalt haben oft Schmerzen durch Quetschung und Zerrung der sensiblen, stark innervierten Wandlederhaut, oft auch verbunden mit Lahmheiten
Ein weiteres Problem sind Fäulnisprozesse im Spalt, hervorgerufen durch Bakterien und Pilze, die bereits kurz nach Spaltentstehung in Symbiose den Riss besiedeln. Im Kerbgrund der Spalten herrscht für diese Keime das ideale Millieu zur Vermehrung. Warm, feucht, dunkel und ein alkalischer pH-Wert aus der Stalleinstreu. Diese Fäulnisprozesse führen oft zu weiteren Komplikationen in Form von Materialverlust und Infektionen mit möglicher Abszessbildung.

Wie entsteht ein Hornspalt?
Die wenigsten echten Hornspalten kommen, wie häufig behauptet, von äußeren Verletzungen, sondern resultieren aus hohe Spannungen in der Hornkapsel. Die häufig zu hörende Erklärung „das Pferd ist halt auf einen spitzen Stein gesprungen“ ist meist falsch.
Denkbare äußere Verletzungen resultieren vom Streifen mit dem gegenüberliegenden Huf oder durch Greifen mit dem Eisen eines Hinterbeins. Ebenso denkbar sind äußere Verletzungen durch Draht oder anderem Zaunmaterial. Diese Art der Verletzungen, sind aber gegenüber denen der Spaltbildung durch unphysiologische Spannungen gut zu unterscheiden.
Ein Großteil aller Spalten sind an den Vorderhufen zu finden. Sie treten an zwei ganz bestimmten Stellen auf: Der Zehenwand-Mitte, und seitlich kurz hinter der weiteten Stelle des Hufes sowohl innen oder außen liegend. Dies hat natürlich seine Gründe.

Hornspalten sind in den allermeisten Fällen auf unphysiologische Spannungen in der Hornkapsel zurückzuführen. Die Hufwand reißt dann an der Stelle der höchsten Spannung, ähnlich einem Draht der zigmal an der gleichen Stelle hin und her gebogen wird, letztendlich einfach durch Materialermüdung.
Woher kommen diese zerstörerischen Spannungen?
Nach den jahrelangen Diskussionen über Vor- und Nachteile von „beschlagen oder barhufigen Hufen“ sollte mittlerweile jedem Interessierten der Begriff des „Hufmechanismus“ bekannt sein.
Das normale ausgewachsene mittelschwere Warmblutpferd wiegt nun mal im Schnitt so ca. 500 bis 600 kg. Diese Last muss von den 4 Hufen getragen werden. Im Trab sind es nur noch 2 Hufe, die gleichzeitig belastet werden.
Die Kräfte und somit auch die Spannungen im Huf erhöhen sich dann noch durch die Geschwindigkeit in der Bewegung um ein Vielfaches. Die höchsten Spannungen sind somit z.B. in der Landung nach einem Hindernis oder dem schnellen Galopp auf hartem Boden zu erwarten. Somit lastet Gewicht bis zum 6-fachen des eigenen Körpergewichtes auf einem Huf. In Zahlen sind das über 30.000 N. (Quelle, Dr. vet. Christine Hinterhofer 1997, Universität Wien), das heißt, kurzzeitig 3 Tonnen auf einem Huf. Ein unebener Boden und auch das Gewicht des Reiters erhöhen die verformenden Kräfte zusätzlich.
All diese Kräfte erzeugen beim gesunden, korrekt geformten Huf, ob beschlagen oder barhufig, den normalen Hufmechanismus. Der Huf dehnt sich also bei Last und kehrt bei Entlastung wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Durch diese elastischen Verformungen des Hufes werden die Spannungsspitzen unter den Wert einer Hornschädigung abgebaut. Wird diese Fähigkeit des Hufes sich auszudehnen behindert oder partiell vermindert, treten Spannungen auf, welche dann Risse im Horn erzeugen können.
Ist der Beschlag schuld?
Tatsache ist, dass die meisten Hornspalten an beschlagenen Vorderhufen zu finden sind, deutlich seltener bei barhufigen Pferden.
Nun wäre es zu einfach und ungerecht einfach dem Schmied die Schuld zu geben. Vielmehr führt oft eine Kombination von vielen Gegebenheiten zur Spaltbildung. Das fängt an bei der genetischen Veranlagung von Hufform, Stellung und Hornqualität, führt über nachlässige Korrekturtermine im Fohlenalter, weiter über Umwelt- und Haltungsbedingungen bis hin zur aktuellen Fresshaltung des Pferdes. Die jetzige Hufform und Funktion ist somit ein Produkt seiner Genetik, der Lastfälle und Umweltbedingungen.
Huf mit Hornspalt
Darum erstmal im Überblick die Erklärung zu einigen wichtigen Abweichungen von der idealen Hufform, die einzeln oder eben auch in Kombination mit zuvor beschriebenen Faktoren zu Spalten führen können.

Hufe mit langen Zehen und niedrigen Trachten
Diese Hufform führt zu einem extrem erhöhten „Abrollwiederstand“ beim Abfußen und dadurch auch zur starken elastischen Verformung der Zehenwand insbesondere am Kronrand. Weiterhin rutscht der Einfallspunkt der Last nach hinten in Richtung der Trachten. Dadurch werden die Trachten hoch belastet und gequetscht, man spricht von untergeschobenen und auch eingerollten Trachten. Der Röhrchenverlauf in der Hornwand zwischen Zehenwand und Trachten ist dann nicht mehr parallel. Resultat sind oft Spalten in der Seitenwand die von oben nach unten reißen. Erschwerend kommt häufig noch ein Trachtenzwang mit engstehende Hufballen hinzu.Extrem flache, breite Hufe
Extrem flache, breite Hufe gehen oft mit einer nach außen verbogener Hufwand einher. Die tragende Hufwand wird vom Saumband am Kronrand gebildet und soll in gerader Form Richtung Tragerand wachsen. Druckkräfte vom Auffussen können nur in geraden Wänden vollständig weitergeleitet werden. Jede Verbiegung der Wand nach außen (trompetenförmig) bedeutet, dass die Last des Pferdegewichts nicht mehr in gerader Linie bis zum Kronrand geleitet wird. Durch die krummen Wände treten Biegespannungen auf, welche die Hufwand nach außen hebeln.
Die dadurch entstehenden Spalten reiĂźen radial verteilt von unten, meist bis in die Mitte der Hufwand, also bis zum Knick in der Wand, wachsen z. T. wieder raus um wieder erneut einzureiĂźen. Bis eben die Hornwand vom Schmied oder Hufpfleger deutlich gestreckt, also grade gerichtet und dadurch belastbarer wird. Dies kann aber einige Beschlagsperioden dauern, da die Korrektur schrittweise vorgenommen werden muss.
Hufe mit ungleicher Wandlänge und einseitigem Auffußen
Auch in diesem Fall entstehen oft Seitenwandspalten. Durch das einseitige Auffußen -Kippen- wird der Huf bei jedem Belastungszyklus völlig asymmetrisch belastet. Der Huf fußt außen zuerst und kippt auf die innere Wand. Die innere steile Wand ist überlastet und reißt.
Seitenwandspalte durch ungleiche Lastverteilung

In diesem Fall ist der Hufmechanismus behindert. Die flache äußere Wand kann sich im Sinne des Hufmechanismus dehnen. Die innere Wand steht senkrecht unbeweglich auf dem Eisen bzw. Boden und kippt unter Last im Kronbereich nach innen. Die entstandenen Scherkräfte können zur Spaltbildung führen. Solche Spalten reißen immer von oben nach unten.
Behandlung eines Hornspalts beim Pferd
Grundsätzlich kann ein Hornspalt nur von oben nach unten rauswachsen. Eine Heilung von innen her ist anatomisch (wie auch beim Fingernagel) nicht möglich. Darum benötigen Hornspalten, die ihren Ursprung am Kronrand haben nahezu ein Jahr bis zum vollständigen Rauswachsen - Voraus gesetzt es reißt nichts neu ein. 

Zu Anfang muss erstmal der Hufbearbeiter, ob Hufschmied oder Hufpfleger, erkennen, welche Problematik vorliegt. Dementsprechend muss er bei der Hufzubereitung dafür sorgen, dass tendenziell die Spannungen im Huf weniger, also „normalisiert“ werden. Dies erreicht man im Allgemeinen durch Annäherung an eine regelmäßige, symmetrische Hufform mit normalen Wandwinkeln und planem Auffußen.
In den meisten Fällen wird das nur über mehrere Beschlagsintervalle zu erreichen sein. Nur selten führt eine einmalige Hufkorrektur gleich zum vollständigen Erfolg. Oftmals sind orthopädische Beschläge mit Platten, Silikoneinlagen oder Eiereisen bzw. Eisen mit Steg erforderlich. Nur so kann die Last am Huf gleichmäßig verteilt, die geschädigte Wand entlastet und die Hufsohle mit zum Tragen herangezogen werden.
Grundsätzlich funktioniert das auch barhufig. Dies beinhaltet aber immer die Gefahr von starken vertikalen Hufdeformationen bei unebenem Boden. Das Risiko eines erneuten Einreißens ist so recht hoch. Zudem ist das Ziel der Behandlung eigentlich Ruhe, also wenig Bewegung, im betroffenen Wandabschnitt. Normalerweise ist ein Metall-Beschlag also sinnvoll. Er verteilt die Last auf alle Wandabschnitte. Reine Kunststoffbeschläge können das nicht! Sinnvoll ist auch ein achsweise gleicher Beschlag.
Hornspalten Kleben
Dadurch werden die Kräfte großflächig übertragen, und der Huf kann wie ein gesunder Huf funktionieren. Während der Heilungsphase kann das Pferd in den meisten Fällen normal belastet werden, was mit Verbindungen und Verschraubungen aus Metall nicht möglich ist. Wichtig ist, dass die Hornwand vor dem Bekleben sauber und keimfrei ist, um Fäulnis zu vermeiden.
Geklebter Hornspalt:
Einen Hornspalt diagnostizieren
Die Diagnose eines Hornspalts erfolgt meist durch Sichtprüfung des Hufes. Typische Symptome sind sichtbare Risse in der Hufwand, Lahmheit und Empfindlichkeit beim Vortraben oder Abtasten. Hornspalte können an verschiedenen Stellen des Hufes auftreten, insbesondere an der Zehenwandmitte oder an der seitlichen Hufwand. Ein erfahrener Hufschmied oder Tierarzt kann den Hornspalt genauer untersuchen und den Schweregrad bestimmen.
Keralit Huf-Festiger gegen Fäulnisbildung
Zur Behandlung von Fäulnis im Spalt eignet sich der Keralit Huf-Festiger hervorragend. Dieses Produkt stärkt das Horn und wirkt der Fäulnisbildung entgegen. Durch die Anwendung des Huffestigers wird die Hornqualität verbessert und das Hufhorn widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse.
Keralit Lorbeer-Salbe zur Kronrandpflege
Für die Pflege des Kronrandes empfehlen wir die Keralit Lorbeer-Salbe. Diese Salbe unterstützt die Regeneration des Kronrandes und fördert das Wachstum von gesundem Hufhorn. Eine regelmäßige Anwendung hilft, die Hornqualität zu erhalten und weiteren Hornschäden vorzubeugen.
Tipps fĂĽr die UnterstĂĽtzung des Heilungsprozesses
Um den Heilungsprozess bei Hornspalten zu unterstĂĽtzen, sollten folgende MaĂźnahmen beachtet werden:
- Fütterung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichenden Nährstoffen wie Biotin, Zink und Aminosäuren fördert die Hornqualität.
- Schonung: Vermeiden Sie übermäßige Belastung in der Zeit der Ausheilung des betroffenen Hufes
- Kontrolle: Regelmäßige Überprüfung und Pflege durch einen Hufexperten sind essenziell, um den Heilungsprozess zu überwachen und anzupassen.
Hornspalt beim Pferd vorbeugen
Vorbeugende Maßnahmen können helfen, Hornspalten zu verhindern und gesunde Hufe zu fördern:
- Regelmäßige Hufpflege: Achten Sie auf regelmäßiges Ausschneiden und Korrigieren der Hufe durch einen erfahrenen Hufschmied.
- Beschlag: Bei Bedarf sollten orthopädische Beschläge verwendet werden, um die Hufe zu stabilisieren.
- Umweltbedingungen: Sorgen Sie für trockene und saubere Stallungen und Ausläufe, um das Horn vor übermäßiger Feuchtigkeit zu schützen.
- Ernährung: Eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung unterstützt die Hornqualität und Hufgesundheit.
Ein Hornspalt beim Pferd ist ein ernstzunehmendes Problem, das eine sorgfältige Diagnose und Behandlung erfordert. Mit regelmäßiger Hufpflege, geeigneten Beschlägen und einer ausgewogenen Ernährung können Sie die Hufgesundheit Ihres Pferdes fördern und Hornspalten vorbeugen. Bei bestehenden Hornspalten ist es wichtig, den Heilungsprozess durch geeignete Maßnahmen und Produkte zu unterstützen und engmaschig durch einen Hufexperten überwachen zu lassen.